[POETENBLOG]
Das Wochenjournal eines Poeten

Montag, 1. Dezember 2008

Silva, Panini & Underberg

Anknüpfend an den vorherigen Artikel, denken wir weiter ans Sammeln.
Angefangen hat alles mit Silva- und Mondo-Sammel-Punkten (Einkaufsmarken). Man kauft ein, um dann Marken zu erhalten, für die man wiederum die Bilder bekommt, die man selber einkleben muss, in ein dafür vorgedrucktes Buch. Das funktioniert heute kaum mehr, bloss die Panini-Bilder (Idole zum Einkleben) boomen immer noch. Aber nicht nur Fußball-Spieler-Bildchen, sondern auch jagende Raubtier-Panini und abenteuerliche Flugzeug-Kleber wurden gesammelt und eifrig eingeklebt, heute bleibt es bei den Fussball-Bildchen. So lässt man die Kinder des Kapitalismus an den Sammel-Kauf-Instinkt gewöhnen, der in jedem von uns wohnt und nur darauf wartet, ausgebeutet und manipuliert zu werden. Kinder müssen erzogen werden, Kinder brauchen Spielsachen, Kinder sammeln gern, Kinder lesen schon früh. Nur lesen sie keine Bücher sondern alles vom Boden auf, was vor ihnen liegt. Der Sammlerinstinkt ist bei Kindern noch sehr natürlich und sehr prägnant. Dann kommen sie in ein Alter, in dem sie mit Schlümpfen (blaue Gnome) spielen wollen. Da es sich aber besser spielt mit ganz vielen verschiedenen Charakteren der Schlümpfe, als nur mit dem Papaschlumpf, müssen also Schlümpfe gesammelt werden. Was will man denn mit einem einzigen Playmobil-Cowboy (Zick-Zack behaartes Männchen), wozu dient ein einzelner Lego-Stein (Architektur-Rohstoff-Spiel) oder mit wem spielt „Spiel-mit-mir-Barbie“ (HighSociety-Mädchenpuppe)? Es ist wie beim Puzzle: Was als einzelnes Stück keinen Sinn ergibt, wird besser in der Masse. Je mehr Lego-Steine das sammelnde Kind hat, desto grössere Einkaufszentren kann es bauen. Lobenswert ist hier das Sammeln von Dick Tracy-Detektivgeschichten, Luky Luke-Comics (glücklicher Cowboy), Asterix & Obelix-Büchlein (Dick und Doof zur Römerzeit) oder Playboy-Heftchen (Ausklapp-Roman). Wenn der sammelnde Mensch sich an die Panini-Bilder gewöhnt hat, kommen die Sammel- und Treue-Punkte, Prämien und Sonderangebote gerade recht. Sammeln Sie 500 Punkte und Sie erhalten eine wunderbare 24teilige Kochtopfkombination, die Sie nicht mehr vermissen möchten, wenn Sie sie erst mal haben, zum Vorzugspreis von nur 199.-. Solche Werbung und Tricks können nur bei einem sammelnden Menschen funktionieren. Viele Werbungsaktionen sind auf weibliche, sammelnde Menschen fixiert, vor allem in den Branchen Mode, Haushalt, Schmuck, Möbel, Hygiene & Kosmetik. Selten finden man eine Sammleraktion für Jäger. Die Kräuterschnapsfirma „Underberg“ jedoch lancierte eine Aktion, bei der man die Deckel der kleinen Fläschchen sammeln sollte, um, wenn man 800 Deckel gesammelt hat, ein Underberg-Glas erhält mit dem eigenen Namen eingraviert. Diese Aktion wurde beschränkt auf ein Jahr. Wer also in einem Jahr 800 Underberg trinkt, also insgesamt lediglich über 14 Liter davon, der hat sowieso schwerste Magenprobleme und womöglich noch ein Alkoholproblem. Dem kann doch wohl man ein Underbergglas mit seinem Namen für seine Schnapsglassammlung stiften. Wichtig bei solchen Aktionen ist es, dass immer das Sammeln und das Jagen angesprochen wird. Wenn Sie 100 Punkte sammeln, jagen sie dem Preis entgegen. So ein Preis hat nicht jeder und wenn man ihn erbeuten kann, so wird dies der Jäger zumindest versuchen.

In diesem Sinne: "Drink Underberg!"

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