Auf dem Weg zur Gefallsucht beginnt der sich spiegelnde Mensch, "sich schön zu machen" – wie man so schön sagt. Doch kann er nicht chirgurgengleich sein Äusseres verändern, bloss seinen Schein. Schönheitscremes, Kosmetik, stilvolle Accessoires, Wonderbra’s, ausgestopfte Unterhosen und teure Kleidung täuschen zwar nicht ihn, dafür aber die Anderen hinweg über Unzulänglichkeiten, die er an sich sieht. Ob die Anderen jedoch die selben Unschönheiten an ihm sehen, weiss er nicht und trotzdem begeht er den Weg zum Friseur, zur Massagesitzung, zur Mani- und Pediküre, zur Farb- und Stilberatung und in ganz zweifelhaften Fällen eben zum Chirurgen. Bekanntlich muss leiden, wer schön sein will und deshalb zupfen sich die weiblichen sich spiegelnden Menschen ihre Haare überall dort, wo es nach modernem Standart gerade als unschön gilt und dies ist zum aktuellem Zeitpunkt überall - ausgenommen natürlich dem Haupthaar und einer dünnen Haarlinie über den Augen. Er schminkt sich auch das Gesicht, die Falten weg, die Lippen hervor, die Fingernägel länger, die Wimpern voluminöser, die Wangen schmaler, träufelt Augentropfen, damit seine Pupillen grösser wirken und zwängt sich in alter Tradition in Klamotten, die zugeschnürt noch besser aussehen lassen. Der sich spiegelnde, männliche Mensch hingegen rasiert sich die Brust und die Wangen - ein Drei-Tage-Bart ist weitgehend erlaubt -, die Beinbehaarung gilt wiederum als männlich; also bleibt sie stehen. Er wirft sich in uniformale Schale, in der ja bekanntlich jeder gut aussieht. Um die grauen Schläfen oder die Glatze braucht er sich nicht zu kümmern, schliesslich sieht es sexy aus, denn auch ein alter Büffel kann schöne Hörner haben. Seit der Mensch herausgefunden hat, dass auch Düfte sexy sind und schön machen können, gibt es Parfüms in allen Variationen, in allen Duft-Richtungen, zu jeder Gelegenheit und für jede Nase. Mit wenig Kosmetika und Accessoires lässt sich die Symmetrie des Gesichtes wieder berichtigen und blendet den visuellen Menschen mit Masken und Fassaden. So verwandeln sich die sich spiegelnden Menschen in Aphroditen und Syrenen, in Adonisse und Davids und täuscht sich gegenseitig vor, schön zu sein. Es stimmt zwar, dass Schönheit auch eine Macht und das Lächeln ihre Waffe ist, jedoch ist der sich spiegelnde Mensch im Besitz einer noch durchschlagenderen, gewaltigeren Waffe; seinem Auge. Einerseits sind die Augen die Spiegel der Seele, welche sein Inneres nach Aussen reflektieren, andererseits sind sie die härtesten Scharfrichter, welche die Gesellschaft dahinführt, äusserlich makellos zu werden. Dieses stetige Streben nach Verfeinerung des Geschmacks, der Sinne, insbesondere des Sehsinns, dieser unaufhörliche Versuch, eine allgemeingültige Definition von Schönheit zu finden und der Ehrgeiz nach äusserer Perfektion bringt auch grosse Probleme mit sich. Erste Anzeichen sind hier Magersucht und kosmetische Chirurgie. Enden wird es mit einem Diktat einer definierten Schönheit, vielleicht sogar mit einem weiteren Versuch einer schönen Rasse, wobei der Diktator hierbei eben bloss das vergleichende Auge des sich spiegelnden Menschen sein wird. Der Sehnerv, der bereits heute über Geschmack, über Hass und Hässlichkeit bestimmt, indoktriniert dem sich spiegelnden Menschen, was er kaufen, wen er wählen, wie er leben soll und nicht zuletzt: was er ist. Vergessen wird, dass die Perfektion jedoch nie makellos ist, sondern das Perfekte ist eben schön trotz und gerade wegen des Makels.
In diesem Sinne: Stay tuned!
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